Wissenschaft, Kunst und künstlerische Forschung
In den Debatten über Theorie und Methode des „Artistic Research“ bzw. der „künstlerischen Forschung“ wird bereits seit einigen Jahren über das Verhältnis zwischen Wissen-schaft und Kunst diskutiert: Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede gibt es zwischen künstlerischen und wissenschaftlichen Erkenntnismethoden, Ordnungssys-temen und den jeweiligen Strategien der Wissensproduktion? Welches Wissen schafft die Wissenschaft, welches Wissens schafft die Kunst? Wann ist Kunst Forschung? Und auf wel-che Weise, für welche Fragestellungen und im Rückgriff auf welche Methoden können Kunst und Wissenschaft zusam-menwirken und gemeinsam neues Wissen hervorbringen?
In der technologisierten Gegenwart tun sich Wissenschaft und Kunst vielerorts im Namen innovativer Forschung zusammen – z.B., wenn Künstler*innen und Wissenschaftler*innen bei der Erforschung von Mensch-Maschine-Beziehun-gen kollaborieren. Aber auch über solche, im klassischen Sinne interdisziplinären Projekte hinaus spielten und spielen in der Forschung immer auch Praktiken eine Rolle, die an-alytisches und ästhetisches Denken und Handeln verbinden.
Es ist darum höchste Zeit, dichotome Vorstellungen aufzubrechen, in denen die Wissenschaft auf diskursiv-rationale und die Kunst auf sinnlich-ästhetische Erkenntnisformate festgeschrieben werden. Wissenschaft und Kunst sind keine getrennten Sphären, sondern trotz Unterschieden im methodischen Zugriff und in der Wahl der Darstellungsformen miteinander in vielerlei Hinsicht verbundene Arten des Zugangs zur Welt. Es gab historisch immer schon wissenschaftliche Forschungsweisen, die sich künstlerischer Praktiken bedienten. Umgekehrt greift auch die Kunst immer wieder auf theoretische Reflexionsweisen und wissenschaftliche Diskurse zurück. Und schließlich teilen Wissenschaft und Kunst nicht selten dasselbe Erkenntnisinteresse. Kunst als Form der Wissensproduktion zu betrachten, ist deshalb auch eine Chance, den traditionellen Wissensbegriff zu erweitern.
Der Interuniversitäre Forschungsverbund Elfriede Jelinek hat es sich zum Ziel gesetzt, das hierarchiefreie Zusammenspiel zwischen wissenschaftlichen und künstlerischen Ansätzen, Verfahrensweisen und Erkenntnisstrategien zu erproben. Ziel ist es, der Akademisierung der Kunst, wie sie seit einigen Jahren auf dem Vormarsch ist, gezielt Formate der Wissenserzeugung zur Seite zur stellen, in denen sich künstlerische und wissenschaftlichen Reflexionsmodi auf Augenhöhe begegnen können.
In der Praxis der interdisziplinären Forschung lassen sich dabei (in Anlehnung an die Definition von "Artistic Research" der MUK) verschiedene Arten der Zusammenarbeit zwischen Kunst und Wissenschaft unterscheiden:
Wissensbasiertes Kunstschaffen
Das theoretisch informierte, recher-chebasierte Kunstschaffen setzt sich mit vorhandenen Quellen, Materialien und Diskursen auseinander und lässt das gewonnene Wissen in die künstlerische Praxis einfließen.
Künstlerische Forschung im engeren Sinne geht von konkreten Fragestellun-gen aus, positioniert sich zum aktuel-len Stand des Wissens und forscht systematisch mit künstlerischen Mitteln und Methoden.
Kooperationen zwischen Wissenschaft und Kunst
Punktuelle Kooperationen zwischen Kunst und Wissenschaft finden in der aktiven Zusammenarbeit von Künstler*innen und Wissenschaft-ler*innen oder in Form von Tagungen, Workshops etc. statt.